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“Heutzutage wird man überall nur schnell abgearbeitet, aber da wollen wir nicht mitmachen.” - Ein Interview mit Martin Lussem.

  • Autorenbild: Carla Schmitt
    Carla Schmitt
  • 17. Nov.
  • 3 Min. Lesezeit
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Seit fast einem Jahr versorgen Sie die Menschen in Hürth mit Hörgeräten. Wie läuft es denn bisher? 


Es war ein sehr spannendes Jahr. Der Andrang ist groß und unsere Kunden geben uns regelmäßig positives Feedback. Ich habe bereits einen Mitarbeiter eingestellt und wir haben fast 50 Bewertungen auf Google. Die meisten neuen Kunden kommen zu uns, weil wir von aktuellen Kunden empfohlen werden. Dafür sind wir sehr dankbar und freuen uns darüber. 


Gibt es ein Hörgerät, das Sie jedem empfehlen würden? 


Nein. Wenn wir eins gemerkt haben, dann dass es keine Lösung gibt, die bei allen funktioniert. Jeder Mensch ist einzigartig. Was der eine als natürlichen Klang wahrnimmt, kann für den anderen anstrengend klingen. Außerdem wollen manche unbedingt unauffällige Im-Ohr Geräte, während andere eine Bluetooth-Verbindung und freihändiges Telefonieren wünschen. 


Was denken Sie, ist der Grund für die Zufriedenheit Ihrer Kunden?


Was die Zufriedenheit angeht, gibt es dafür meiner Meinung nach zwei Gründe: 


  • Wir nutzen die Anpassmethode mit dem Namen “Natural Fitting” (Natürliche Anpassung). Sie wird selten von Hörakustikern genutzt, weil sie mit einem höheren Aufwand verbunden ist. Doch wir sind der Meinung, dass man sich diese Zeit ein Mal nehmen sollte, damit die Geräte so natürlich wie möglich klingen.

  • Keiner soll den Eindruck bekommen, dass wir uns beeilen müssen, weil der nächste Kunde schon da ist. Heutzutage wird man überall nur schnell abgearbeitet, aber da wollen wir nicht mitmachen. Deshalb nehmen wir uns die Zeit, die unsere Kunden brauchen. 


Wie viel Zeit brauchen Sie denn für eine Hörgeräteanpassung? 


Auch das variiert sehr stark. Manche finden das richtige Gerät bereits im ersten Termin und andere testen mehrere Wochen lang, bis sie sich für ein Modell entscheiden. In diesen Fällen sind wir sehr geduldig. Niemand soll sich Hörgeräte anschaffen, die dann am Ende in der Schublade liegen. Deshalb ermöglichen wir es Ihnen auch gerne, unterschiedliche Modelle zu testen. Die klingen nämlich alle anders und jeder hat seine eigene klangliche Präferenz, mit der er, oder sie sich wohlfühlt. 


Sie sagten eben, dass Ihre Kunden die Geräte mit nach Hause nehmen und im Alltag testen dürfen. Was kostet diese Testphase denn bei Ihnen? 


Dafür berechnen wir nichts. Viele denken ja, dass sie sich beim ersten Termin schon für ein Gerät entscheiden müssen. Doch diesem Druck wollen wir hier niemanden aussetzen. Sie sollen in Ihrem Alltag die Geräte mindestens eine Woche lang ausprobieren. Denn ein Hörgerät ist keine Brille. Bei einer Brille sehen Sie binnen Sekunden wieder alles scharf. Bei Hörgeräten muss sich das Gehirn erst wieder umstellen, weil so viele Geräusche wieder da sind, die man seit vielen Jahren nicht mehr richtig wahrgenommen hat. Wie schnell man sich an diese Geräuschkulisse gewöhnt, hängt zum einen vom Menschen selbst und zum anderen von der Wahl des Hörgerätes ab. 


Auf einem Ihrer Plakate sprechen Sie über Künstliche Intelligenz, die bei Ihren Geräten zum Einsatz kommt. Was genau kann man sich darunter vorstellen? 


Die meisten, die ein Hörgerät bekommen, merken eines im Alltag schnell: Sie hören plötzlich mehr, als sie eigentlich wollen. In einem belebten Restaurant zum Beispiel hören sie viele störende Geräusche und können sich dadurch schlecht auf ihre Gesprächspartner konzentrieren. Und genau hier greift die künstliche Intelligenz ein. Sie analysiert die Umgebung und filtert diese Geräusche aktiv heraus. Dadurch ist es viel leichter, sein Gegenüber zu verstehen, ohne von Geschirrgeklapper und Musik im Hintergrund abgelenkt zu werden. Wir haben es getestet. Selbst als gut Hörende haben wir in dieser Situation besser verstanden, als ohne Hörgerät. 


Was würden Sie denjenigen sagen, die sich unsicher sind, ob sie sich ein Hörgerät zulegen sollten? 


Probieren Sie es einfach mal aus! Je länger Sie warten, desto mehr baut das Gehirn ab und desto weniger können Sie von Ihrer Hörleistung noch retten. Deshalb empfiehlt es sich, so früh wie möglich mit der Testphase zu starten. Das Beste daran: Sie haben nichts zu verlieren. Selbst wenn Sie keinen Mehrwert sehen, dürfen Sie die Geräte jederzeit zurückgeben und Sie müssen keinen Cent bezahlen. Doch wenn Sie die Menschen wieder problemlos verstehen, ohne ständig nachfragen zu müssen, gewinnen Sie dadurch ein großes Stück Lebensqualität zurück. 

 
 
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